Alternative Heilmethoden Teil 2 – Kinesio-Taping, Akupunktur, Blutegel und mehr

Wenn die Schulmedizin versagt oder nicht so wirkt, wie erhofft, können alternative Methoden die Heilung unterstützen und fördern.

I. Nicht nur schwarz-weiß

Wie in allen Bereichen des Pferdesports und der Pferdehaltung gibt es nicht nur den einen richtigen Weg. Auch bei der tierärztlichen Betreuung gibt es verschiedene Ansätze und Methoden, um die Heilung zu fördern und zu unterstützen. In den meisten Fällen hilft die klassische Schulmedizin schnell und sicher aus, wenn es aber doch komplizierter wird und eine Verletzung nicht so verheilt, wie erwünscht, fühlt sich der Pferdehalter trotz tierärztlicher Betreuung und korrekten Medikamenten oft hilflos und unsicher. In einigen Fällen kann nicht mal eine genaue Diagnose gestellt werden und so wird auf blauen Dunst behandelt, obwohl eine Gabe von Medikamenten eventuell unnötig wäre. Wie im ersten Beitrag dieser Reihe schon erwähnt, kann die alternative Medizin die Schulmedizin natürlich nicht vollständig ersetzen, wenn der Tierarzt aber ratlos ist, sich keine Besserung einstellt oder man als Pferdehalter sein Pferd zusätzlich unterstützen möchte, gibt es zahlreiche alternative Methoden und Therapien, um die Heilung und das Wohlbefinden des Pferdes zu fördern.

II. Nur vom Fachmann

Überall gibt es schwarze Schafe – in der Schulmedizin genauso, wie in der alternativen Medizin. Das hierbei meist nur mit Kräutern und Pasten gearbeitet wird und „es dem Pferd ja nicht schaden kann“ ist ein weit verbreiteter Irrglaube. Natürlich haben zum Beispiel Bachblüten (wenn sie richtig angesetzt sind) keine negativen Auswirkungen, aber falsch angewendet helfen sie nun mal auch nicht. Die alternative Medizin erstreckt sich allerdings über ein weitaus größeres Spektrum an Behandlungen und Therapiemethoden: Das setzen von Blutegeln und Akupunkturnadeln muss genauso gelernt sein, wie das Herstellen von Pasten, Massageanwendungen o.ä. Holt euch deshalb immer vor ab eine zweite Meinung ein und klärt mit eurem vertrauten Tierarzt weitere Therapiemöglichkeiten und Vorschläge zur optimalen Unterstützung. Hört euch auch in eurem Bekanntenkreis nach guten Erfahrungen um oder fragt euren Tierarzt nach Empfehlungen. So könnt ihr den best möglichen Heilungsverlauf und die beste Betreuung eurer Lieblinge gewährleisten.

III. Die verschiedenen Ansätze

- Blutegeltherapie

Auch wenn die Behandlung und die Vorstellung darüber, dass die Egel tatsächlich Blut saugen, bei einigen Tierhaltern für Skepsis und Ekel sorgt, können die Tiere durchaus sehr nützlich und förderlich sein. Die medizinischen Blutegel sind natürlich nicht mit denen in der freien Natur zu vergleichen. Sie werden extra für medizinische Zwecke gezüchtet – nur so kann gewährleistet werden, dass sie „steril“ sind und keine Krankheiten von anderen Tieren übertragen. Deswegen werden Blutegel, wenn überhaupt, nur bei dem selben Patienten noch mal angewendet. Da zwischen zwei Behandlungen aber auch schon mal ein paar Monate dazwischen liegen können, müssten die – in unserem Fall – Pferdehalter die Egel mit nach Hause nehmen und bis zur nächsten Behandlung pflegen. Im Vordergrund der Therapie steht die gerinnungshemmende Wirkung des Blutegelspeichels. Darüber hinaus wirkt die Blutegeltherapie auch entzündungshemmend, durchblutungsfördernd, schmerzlindernd und entgiftend. Besonders förderlich wirkt auch die lange Nachblutungszeit der Egelwunde durch den gerinnungshemmenden Speichel. Die Nachblutung fördert nicht nur die Reinigung der Wunde, sondern gilt als wichtiger Bestandteil der Behandlung. Das eigentliche „Saugen“ dauert zwischen 60 und 90 Minuten. Wenn der Blutegel vollgesaugt ist, lässt er sich einfach fallen. Um eine Infektion zu vermeiden und die Wirkung nicht zu beeinträchtigen, sollte der Egel nicht gewaltsam entfernt werden. Durch die anästhetische Wirkung des Speichels ist der Biss des Blutegels nicht besonders schmerzhaft und wird von den meisten Pferden geduldet. Eine positive Wirkung stellt sich meist schon direkt nach der Behandlung ein.

Anwendungsgebiete Blutegeltherapie:

  • Sehnen- und Gelenkserkrankungen
  • Hufrehe
  • Hufrollenproblematik
  • Einschüsse
  • Wirbelsäulenbeschwerden
  • Hämatomen
  • Satteldruck
  • Ekzem
  • Durchblutungsstörungen
  • Schlecht heilende Wunden

  

- Kinesio-Taping

Was sich in der Humanmedizin bereits seit Jahren bewährt hat, findet auch bei immer mehr Therapien für Pferde Anwendung. Das bunte Tape sieht aber nicht nur witzig aus, sondern soll in erster Linie das Wohlbefinden des Pferdes steigern und bei der Regeneration nach Verletzungen helfen. Das Kinesio-Taping ist eine spezielle Klebetechnik, die sich positiv auf Muskeln, Gelenke und Bänder auswirken kann. Durch die speziellen Tape-Anlagen wird Einfluss auf die Muskelbeweglichkeit und die Gelenkführung genommen. Die Wirkung tritt durch das gezielte Aufkleben des Tapes auf der Haut ein, wodurch das darunter liegende Gewebe angehoben wird. Dadurch wird die Blut- und Lymphzirkulation deutlich verbessert. Das Kinesio-Taping wird im Normalfall nicht als Alleintherapie angewendet, sondern meist in Kombination und als Unterstützung zu einer gesamt osteopathischen Behandlung. Für die korrekte Anlage muss natürlich auch das richtige Tape ausgewählt werden, was sich im Hinblick auf das Pferdefell durchaus schwierig gestalten kann. Ist das Fell zu dick oder bleibt das Tape nicht kleben, hilft es meist, wenn das Pferd geschoren wird. Natürlich sollte das Fell vor der Behandlung nicht mit Spray eingesprüht werden, um die beste Haftung zu gewährleisten. Durch die hohe Elastizitätseigenschaft des Tapes wird die Bewegung des Pferdes aber nicht eingeschränkt. Im Schnitt bleibt das Tape 3 bis 5 Tage auf der Haut haften und sollte vorsichtig und langsam entfernt werden, sobald es sich selbst beginnt zu lösen.

Anwendungsgebiete Kinesio-Taping:

  • Muskelfaserriss
  • Korrektur von Stellungsfehlern
  • Spat
  • Prellungen
  • Zerrungen
  • Einschränkungen des Bewegungsapparats
  • Sehnen- und Bänderreizungen
  • Rückenprobleme
  • Aktivierung der Blut- und Lymphzirkulation
  • Verspannungen

 

-  Osteopathische Behandlung

Die osteopathische Therapie ist eine ganzheitliche, manuelle Behandlung, die die Selbstheilungskräfte des Körpers aktivieren soll und Blockaden, Verspannungen und Bewegungseinschränkungen löst. Die Osteopathie zielt besonders auf den Bewegungsapparat und die Körperstrukturen ab: Muskeln, Bänder, Sehnen, Knochenstrukturen und auch Faszien werden mit einbezogen. Die Behandlung wird individuell auf jedes Pferd abgestimmt. Einen großen Bestandteil bilden auch prophylaktische Maßnahmen im Hinblick auf Haltung, Fütterung, Bewegung und dem passenden Equipment. Um ein spezielles Problem zu behandeln sind meist mehrere Anwendungen nötig. In den meisten Fällen wird auch nicht nur eine bestimmte Körperregion mit in die Behandlung einbezogen, sondern vielmehr wird das Pferd im Gesamten betrachtet, da viele Mechanismen sich gegenseitig beeinflussen. Zu der osteopathischen Therapie zählen auch physikalische Maßnahmen (Kälte- und Wärmetherapie),  Laserbehandlungen sowie Techniken zum Dehnen und Mobilisieren.

Häufige Behandlungsfelder:

  • Probleme bei Stellung, Biegung und Durchlässigkeit
  • Rittigkeitsprobleme
  • Verwerfen im Genick
  • Unnatürliche Schweifhaltung
  • Stolpern
  • Taktfehler oder Lahmen
  • Muskelabbau
  • Berühungsempfindlichkeit
  • Rücken- und Wirbelsäulenprobleme
  • Prävention
  • Bocken, Steigen, Verweigern

 

- Akupunktur

Die Akupunktur bildet einen Teilbereich der traditionellen, chinesischen Medizin und fand seinen Ursprung vor mehreren tausend Jahren. In Europa wird Akupunktur seit ca. 1950 in der Humanmedizin angewendet und wenig später auch in der Veterinärmedizin. Um die Wirkungsweise der Nadeln und der Therapie zu verstehen, muss man ein gewisses Verständnis für die chinesische Auffassung von Körper, Geist, Seele und dem Energiefluss haben. Diese Energie „fließt“ in Bahnen durch den Körper und gewährleistet so das Gleichgewicht aller Körperregionen. Ist der Energiefluss nun durch Blockaden gestört, gerät auch der Organismus aus dem Gleichgewicht, was sich durch verschiedenste Symptome zeigen kann. Vor jeder Akupunkturbehandlung wird das Pferd ganzheitlich untersucht und auch äußere Faktoren mit einbezogen. Bei der Behandlung wird zwischen chronischen und akuten Krankheiten bzw. Symptomatiken unterschieden. Ein allgemeingültiges „Rezept“ zur Akupunkturbehandlung gibt es nicht, da viele verschiedene Faktoren Einfluss haben. So wird zum Beispiel vorab in verschiedene Pferdetypen unterschieden (z.B. in Xin- bzw. Herztyp). Jeder einzelne Typus weist verschiedene Charaktermerkmale auf, die bei der Behandlung beachtet werden. Es gibt zwar bestimmte Druckpunkte am Pferdekörper, aber dennoch ist es nützlich, dass Pferd im gesamten zu betrachten und zu behandeln. Positive Auswirkungen zeigen sich meist schon während der Behandlung mit den kleinen Nadeln: Die Pferde dösen ein, kauen ab, gähnen und entspannen sich sichtlich. Je nach Problem wird die Behandlung einige Male wiederholt. Gerade beim Umgang mit Nadeln und dementsprechend „Mini-Wunden“, sollte die Behandlung nur von anerkannten Fachleuten durchgeführt werden – die Ausbildung bzw. das ‚Studium‘ kann durchaus mehrere Jahre dauern. Eine nadellose Alternative bildet die Akupressur, bei der die Druckpunkte mit manuellen Anwendungen stimuliert werden oder auch die Laserakupunktur. Durch die guten Erfolge und das breite Anwendungsgebiet eignen sich Akupunkturmaßnahmen auch hervorragend prophylaktisch, um das Wohlbefinden und die Gesundheit des Pferdes zu steigern und zu fördern.

Anwendungsgebiete Akupunktur:

  • Entgiftung des Körpers
  • Leistungsschwäche
  • Nervenentzündung
  • Stoffwechselprobleme
  • Husten, Bronchitis, Lungenentzündung etc.
  • Generell Probleme des Bewegungsapparats (Lahmheit, Arthrose, Prellungen, Hufrehe, Sehnenverletzungen, Spat usw.)
  • Allergien, Ekzem, Abszesse
  • Koppen, Angst, Nervosität, Stress
  • Abmagerung, Durchfall, Verdauung

 

 

Die Fotos wurden freundlicherweise von Vet-Physio Oberbuch zur Verfügung gestellt. Die veterinärmedizinische Praxis für Klein-& Großtiere bietet (Sport-)Physiotherapie, Osteopathie und traditionell chinesische Medizin an.

Kontakt:

Barbara Baust

Kirchweg 5
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Tel.: 0163/8708652