Zahnprobleme beim Pferd

Die Zahnmedizin beim Pferd hat erst in den letzten Jahren so richtig an Fahrt aufgenommen. Die große Schwierigkeit: Pferde zeigen bei Zahnschmerzen keine eindeutigen Symptome – sie leiden still, wodurch ernsthafte Probleme oftmals erst spät erkannt werden.

Aufbau und Entwicklung

Bei Pferden treten wie bei uns auch zwei Zahngenerationen auf: die Milchzähne und Dauerzähne. Der Wechsel findet zwischen zweieinhalb und viereinhalb Jahren statt. Der Zeitpunkt des Durchtritts der Milchzähne durch das Zahnfleisch sowie der Wechsel von Milchzahn zu Dauerzahn weist rassebedingt extreme Unterschiede auf.  Jeder Zahn besteht von außen nach innen gesehen aus Zement, Schmelz sowie Dentin. Alle bleibenden Zähne sind an den Seitenflächen von Zement überzogen, wodurch die gelbe Färbung entsteht. Darunter befindet sich der Schmelzmantel als härteste Körpersubstanz. Dentin ist der Hauptbestandteil des Zahns. Durch die unterschiedlichen Härtegrade entsteht erst die extrem raue Oberfläche, durch die die Pferde in der Lage sind, Raufutter und Gräser zu zermalmen. Der Aufbau der Zähne begründet die Schmelzfaltenbildung, wodurch einerseits die Kaufläche vergrößert und andererseits die Abnutzungsrate verringert wird, da harte und weiche Zahnsubstanzen nebeneinander liegen. Bis zum Alter von 7-9 Jahren findet das Längenwachstum der Zähne statt, die sich allmählich herausschieben. Bis zum etwa 15. Lebensjahr werden die Backenzähne aus dem Zahnfach nachgeschoben, um die Abnutzung auszugleichen, die ca. 2-4 mm pro Jahr beträgt.

 

- Wolfszähne

Die besagten Wolfszähne werden aufgrund ihres häufigen Verbleibens im Zahnfleisch auch als blinder Zahn bezeichnet. Wolfszähne treten lediglich bei 10-15 % aller Pferde auf, wobei die Häufigkeit bei männlichen Tieren erhöht ist. Wenn sie in die Maulhöhle eintreten, dann bereits um den 6. Lebensmonat herum.  Der Wolfszahn ist rudimentär und deutet auf eine langfristige Reduktion des Prämolargebisses hin. Treten Wolfszähne auf, führen sie in der Regel zu Problemen, wenn das Pferd mit Gebiss geritten werden soll, und sollte extrahiert werden.

- Funktionen der Zähne

Die Schneidezähne erfüllen den Zweck der Nahrungsaufnahme und des Abrupfens, wobei Zahnextraktionen der Schneidezähne dennoch keine enormen Einschränkungen bedeuten. Längeres Gras kann problemlos über die Lippen geruppft werden. Den Hakenzähnen, die Eckzähnen zwischen Schneide- und Backenzahn, kommt hinsichtlich der Nahrungsaufnahme keine besondere Bedeutung zu, sie sind bei männlichen Pferden allerdings stärker ausgeprägt als bei Stuten.  Die Backenzähne dienen der Zerkleinerung von Nahrung, dabei entsteht ein extremer Pressdruck. Sie stehen besonders dicht geschlossen nebeneinander und erlauben damit die kreisförmige Kaubewegung von außen nach innen.

- Ursachen falscher Abnutzung

Häufige Ursachen von Fehlabnutzungen der Zähne können sowohl durch die Fütterung als auch die Nutzung des Pferdes als Reittier bedingt sein. Damit sich die Zähne vernünftig und gleichmäßig abnutzen, kommt der Raufutterfütterung eine besondere Bedeutung zu. Weidegras zählt zwar auch als Saft- und damit als Weichfutter, beim Fressen werden aber auch immer Sandkörnchen mit aufgenommen, die ebenfalls eine abnutzende Wirkung haben. Als Folge von zu wenig Rau- und zu viel Weichfutter können die Schneidezähne sogar so lang werden, dass die Kauflächen der Backenzähne nicht mehr aufeinander treffen. Gerade auch Pferde, die den Großteil der Zeit in einer Box verbringen, neigen zu Fehlverhalten wie das Wetzen an den Gitterstäben – auch Unverträglichkeiten von den Boxennachbarn können zu diesem Verhalten führen. Häufige Probleme bei der Nahrungsaufnahme und der Leistungsfähigkeit zeigen sich auch während des Hauptzahnwechsels mit ca. 2,5-3,5 Jahren. In dieser Zeit wechseln 12 Zähne gleichzeitig – was besonders in Anbetracht an den frühen Einsatz des Pferdes im Rennsport oder auch des Anreitens berücksichtigt werden muss.

 

- Möglichkeiten und Anamnese

Neben dem Planen der Kauflächen und Beseitigen von Haken können mittlerweile auch kompliziertere Verfahren zur Zahntechnik am Pferd angewandt werden. Eine genaue Anamnese ist entscheidend für die weitere Behandlung. Pferde zeigen Zahnschmerzen nur sehr unspezifisch, da liegt es am Tierarzt, die Ursache für etwaige Probleme und Schwachstellen am Gebiss zu finden. Dadurch können zum Beispiel auch EOTRH Erkrankungen zuverlässiger erkannt werden. Bei EOTRH handelt es sich um eine Zahnerkrankung, bei der es zu einer ausgeprägten Entzündung des den Zahn umgebendes Gewebes kommt. Es sind nur die Schneide- und Hengstzähne betroffen, die sich im Verlauf der Erkrankung auflösen und übermäßig Zement ausbilden – diese Zähne müssen extrahiert werden. Problematisch ist die Tatsache, dass die angrenzenden Zähne allmählich in die Lücken kippen, dadurch verändern sich wiederum das Kaumuster und die Abnutzung. Ebenfalls muss der Antagonist des fehlenden Zahns häufiger angeglichen werden, da die natürliche Abnutzung durch die Reibung auf den Gegenspieler entfällt. Die jährliche Zahnkontrolle sollte fester Bestandteil des Check-ups sein. Zahnschmerzen sind stille Leiden – oftmals werden sie gar nicht oder viel zu spät bemerkt.

 

Wichtiges auf einen Blick

Kontrolle: Jungpferde bis sechsjährig und alte Pferde ab ca. 18 Jahren zweimal pro Jahr

Zahnarzt, Tierarzt oder Zahnpfleger? Nur der Beruf des Tierarztes ist geschützt. Teilweise genügt zu einer Weiterbildung ein Wochenendkurs und danach darf man sich Zahnpfleger nennen. Die Zertifizierung durch die IGFP ist ein Qualitätsmerkmal. Dabei handelt es sich derzeit um die einzige Organisation, die eine hohe Prüfung verlangt. Dentisten ohne tierärztliche Approbation dürfen aber nicht sedieren oder chirurgische Eingriffe durchführen.

Symptome: Wickelkauen, Abmagerung, schlechte Futteraufnahme oder starker Speichelfluss können Anzeichen sein – dann handelt es sich aber meistens schon um gravierende Probleme.