Im Notfall muss es schnell gehen! - Erste Hilfe für Pferde

Es wichtig, wenigstens die Grundbegriffe parat zu haben, um dem Pferd Erste Hilfe leisten zu können. Wir haben die wichtigsten Faktoren für euch zusammen gefasst.

I. Die Notfallversorgung ist A&O eines jeden Pferdehalters

Spätestens zum Führerschein hat wohl jeder von uns einen Erste-Hilfe-Kurs belegen und absolvieren müssen. Was also bei uns Reitern selbstverständlich ist, sollte auch für unsere Pferde gelten.Denn die richtige und schnelle Versorgung kann über die Gesundung und etwaige Folgeschäden entscheiden. 
Einen Verbandskasten finden wir zwar fast in jedem Stall, aber meist fehlt genau das, was gebraucht wird oder sämtliche Medikamente und Salben haben schon längst das Verfallsdatum überschritten. Was in keiner Stallapotheke fehlen darf und wie die häufigsten Verletzungen im ersten Schritt versorgt werden, erklären wir dir im folgenden Beitrag.

- Erstversorgung

Wenn sich ein Pferd verletzt, kommt es aber nicht nur auf schnelle Hilfe an, sondern auch auf die korrekte Erstversorgung. So sollte zum Beispiel jeder wissen, wie ein korrekter Druckverband angelegt wird oder wie Fieber gemessen wird. Deshalb ist es hilfreich, wenn ihr in eurem Stall regelmäßig ‚Erste-Hilfe-Übungen‘ durchführt, wo jeder das korrekte Anlegen eines Verbandes oder die Kontrolle der PAT-Werte (Puls – Atmung – Temperatur) üben kann. Ihr könnt auch von eurem Verein aus selbst ein Erste-Hilfe-Seminar am Pferd veranstalten. So könnt ihr euer eigenes Wissen nochmal überprüfen und auch anderen Reiterinnen und Reitern die Möglichkeit geben, sich selbst weiter zu bilden.

II. Denkt aber dran: Die Erste-Hilfe ersetzt keinesfalls den Tierarzt!

- Was darf nicht fehlen?

  • Fieberthermometer
  • Verbandsmaterial (Bandagen, Unterlagen, Kompressen, nicht klebende Wundauflagen)
  • Desinfektionsmittel
  • Stethoskop
  • Wund- und Heilsalbe
  • Jodsalbe
  • Desinfizierende Waschlotion
  • Sprühverband
  • Schere
  • Einweghandschuhe
  • Wasserfestes Tape
  • Maulkorb
  • Kühlelemente

III. Erste Krankheitsanzeichen

Grundsätzlich gilt, immer wenn sich dein Pferd anders verhält als normal, sollte eine mögliche Krankheitsursache ausgeschlossen werden. Die Erstversorgung eines verletzten oder kranken Tieres kann schlimmeres verhindern und selbst, wenn man nicht weiß, was zu tun ist – den Tierarzt kann jeder verständigen. Darum gilt: Geht immer mit wachsamen Augen durch den Stall und kümmert euch auch um fremde Pferde, wenn diese ein merkwürdiges Verhalten aufzeigen.

Anzeichen für eine Krankheit:

  • das Pferd frisst nichts
  • es ist unruhig
  • wälzt sich vermehrt
  • schwitzt
  • zittert
  • ist apathisch
  • die Augen sind matt
  • das Fell ist stumpf
  • es kann sich nicht richtig bewegen
  • es lahmt
  • hat äußere Verletzungen

- PAT-Werte

Weist das Pferd äußerlich keine Verletzungen auf, verhält sich aber trotzdem ungewöhnlich, so bietet sich im ersten Schritt die Überprüfung der PAT-Werte an. Hierbei werden Puls, Atmung und Temperatur gemessen und mit den Normwerten verglichen.

- Fiebermessen

Zum Fiebermessen nehmt ihr am besten ein handelsübliches Fieberthermometer (keins aus Glas oder mit Quecksilber) und führt es in den After ein. Viele Pferde empfinden das als unangenehm. Um euer Verletzungsrisiko zu minimieren, stellt euch deshalb seitlich zur Pferdekruppe und bittet vielleicht noch eine andere Person, euer Pferd abzulenken. Damit das Thermometer nicht im Pferd ‚verschwindet‘, befestigt am besten noch eine Schnur am Ende des Thermometers und wartet ganz normal bis es anfängt zu piepen.

- Atmung

Die Atmung des Pferdes könnt ihr am einfachsten kontrollieren, wenn ihr die Flankenbewegung eures Pferdes beobachtet. Auch eine sehr flache Atmung lässt sich deutlich erkennen. Die Bewegung der Nüstern hingegen ist nicht sonderlich aussagekräftig, da sie sich bei bestimmten Gerüchen oder wenn das Pferd etwas wittert, schnell ändern kann.

- Puls Kontrolle

Zur Kontrolle des Pulses gibt es verschiedene Tastregionen:

Ihr könnt zum einen an der Arterie des Unterkieferknochens messen oder auch seitlich an der Schweifrübe fühlen. Um eine sehr genaue Pulsfrequenz zu ermitteln, eignet sich am besten ein Stethoskop, mit dem das Herz direkt abgehört wird. Hierfür legt ihr das Stethoskop etwa eine Handbreit hinter dem Ellbogen des Pferdes an.

 

IV. Durchschnittswerte:

Werte

Im Ruhezustand

Bei enormer Anstrengung

Puls

30 – 40 Schläge/Minute

Bis zu 220 Schläge/Minute

Atmung

10 – 16 Atemzüge/Minute

Bis zu 80 – 100 Atemzüge

Temperatur

37,5 – 38,2 Grad Celsius

Maximal 41 Grad Celsius

 

V. Ursachen

- Wunden

Wenn ihr euch nicht sicher seid, ob eine größere Wunde genäht werden muss, bringt auf keinen Fall etwaige Salben auf der Stelle auf, da dies ein späteres Nähen durch den Tierarzt deutlich erschwert. Auf der sicheren seid ihr, wenn ihr die Wunde mit kaltem, fließenden Wasser reinigt, mit einer sterilen Wundauflage abtrocknet und abschließend locker einbandagiert, damit keine weiteren Fremdkörper eindringen können, bis der Tierarzt kommt. Hierzu legt ihr einen nicht klebenden Wundverband auf die betroffene Stelle, umwickelt das Bein locker mit Watte und bandagiert es abschließend. Elastische Bandagen dürfen nie direkt auf die Haut angelegt werden.

- Fremdkörper

Fremdkörper dürfen nie eigenständig entfernt werden, weil sonst noch größere Folgeschäden möglich sind, wenn der Fremdkörper beispielsweise eine Arterie verletzt hat. Fremdkörper am besten so stabilisieren, dass ein verrutschen oder tieferes Eindringen verhindert wird. Das Pferd sollte möglichst ruhig gehalten werden.

- Schwellungen

Schwellungen sollten im ersten Schritt immer großzügig mit kaltem Wasser gekühlt werden. Untersucht euer Pferd genau, dann etwaigen Verletzungen. Ansonsten bringt die tierärztliche Untersuchung meist Licht ins Dunkeln.

- Vergiftungen

Bei möglichen Vergiftungen sollte umgehend der Tierarzt verständigt werden. Vergiftungsfälle sind immer Intensivfälle und benötigen tierärztliche Behandlung. Als Erste-Hilfe sollte das Pferd schnellstmöglich mit Maulkorb in den Stall gebracht werden. Wenn ihr eine Ahnung habt, was zu der Vergiftung geführt haben kann, teilt dies umgehend eurem Tierarzt mit.

- Kolik

Alle Formen von Bauchschmerzen können Kolik Symptome hervorrufen. Meist versucht sich das Pferd übermäßig viel zu wälzen, tritt sich gegen den Bauch, schwitzt stark und zeigt im Allgemeinen einen sehr matten, apathischen Eindruck. Bei jedem Kolik Verdacht sollte unverzüglich der Tierarzt gerufen werden. Es sollte sofort jegliches Futter aus der Box genommen werden – auch fressbare Einstreu – und dafür auf Sägespäne gestellt werden. Das Pferd mit einer Abschwitzdecke eindecken und leichtes führen, kann bis zum Eintreffen des Tierarztes helfen.

Tipp: Einfach in jedem Stall zur Sicherheit zwei Späneballen unterbringen. Das Geld kann durch alle Pferdehalter geteilt werden. Letztlich kann es jeden treffen.

Schnelles Handeln kann meistens schlimmere Folgen einer Verletzung oder Krankheit verhindern, ersetzt aber keineswegs eine tierärztliche Untersuchung. Die Gesundheit unserer Pferde liegt uns allen am Herzen, also zeigt auch Herz für fremde Pferde und behandelt jedes so, wie ihr es euch auch für euer eigenes wünscht.

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